Buch: Bergische Märchen – Von Schneidern, Müllern und anderen Handwerkern

Neuerscheinung Weihnachten 2016

mit zahlreichen Fotos von Chris Link

 

16x23 cm

108 Seiten

 14,80 €

Heider-Verlag

ISBN 978-3-87314-500-9

Es gab eine Zeit, in der Kinder ohne Star Wars, den außerirdischen ET,  die Simpsons und andere medial in die Kinderzimmer entsandte Kultfiguren aufwuchsen. In dieser Zeit waren Helden noch Geschöpfe wie Hans im Glück oder das tapfere Schneiderlein. Noch bevor die Kinder diese Geschöpfe aus Büchern bildhaft kennenlernten, hatten sie sich, wenn die Eltern von ihnen erzählten, ihre eigene Welt vorgestellt. 

Autor Olaf Link hat in den letzten Jahren Märchen nachgeforscht, die aus seiner Heimatregion stammen, dem Bergischen Land. 

Aus der Fülle dieser Märchen hat er nun die schönsten in diesem Buch zusammengefasst. 

 



Rezension:

Wunderschön "märchenhaft" farbverfremdet sind die Bilder des Fotografen Chris Link – dem Bruder des Autoren –, die Gebäude, Gelände und Gelegenheiten zeigen, an denen sich die Märchen, die es zu lesen gibt, zugetragen haben (könnten). 

Schon immer schwante es einem ja, wenn man im Bergischen unterwegs war, dass hier in den ausgedehnten Wäldern, den versteckten Bächen, nebst der schwarz und munter murmelnden Wupper, hinter den vielen Ecken der verwinkelten Höfe und Hofschaften Kobolde und Geister, Hexen gar oder Zauberer zuhause sein müssten. Vor allem, wenn der Nebel sich übers Land legt – oder der graue Regen alle Konturen verwischt. Wenn im Dunklen der Einsamkeit nur noch flackernden Licht aus den winzigen Fenstern der Fachwerkhäuser scheint. 

Wie wahr! Natürlich leben sie hier, die Trolle und Gnomen, die Heinzelmännchen und Zwerge, aber auch die weisen Männer oder Mönche, die Mächtigen und Machtbesessenen. Hier geistern die Seelen und spuken irrlichternd die Verwünschungen, als sprängen Blitze von Haus zu Haus, durch Berg und Tal ...

– – ach was, genug der alchemistischen Munkeleien, Märchen sind doch nichts anderes als die Vorläufer heutiger Soap-Operas, Vorabend-TV-Serien und der Massenauflagen von Kultromanen. Mit Märchen wurde dereinst Komplexes in ungefährer Form, Wahres in eingänglichen Worten, Lebensweisheit in blühender Phantasie-Phrasierung wieder- und weitergegeben. Märchen waren schlichtweg Bildung, Schule, Unterhaltung und poetischer Zauber in einem. 

Ihrem Aufspüren hat sich Olaf Link über Jahre gewidmet; doch eben nicht irgendwelche Irgendwo-Märchen, sondern die des Bergisches Landes, das sich – siehe oben – als mystische Gegend geradezu anbietet. 

Von Bäckerburschen und Mäusen wird berichtet, die sich als eheliche Wegbereiter betätigen. Fluchende Schmiede besiegen am Ende gar mit List und Tücke den Teufel und seine Helfer, so dass sie fortan das Bergische mieden. In der Kohlfurt zwischen Solingen und Wuppertal, eigentlich Cronenberg, gab es Heinzelmännchen (vielleicht Verwandte von denen aus Köln). Sankt Martin begegnet dem habgierigen Müller, und in Solingen gar ging die Müllerei bei weitem nicht so gut aus, wie es sich die Ratsherren erhofft hatten. 

Genug Stoff also, um wieder den Kindern vorzulesen oder als Erwachsener mit Amüsement die zahlreichen ach doch so bekannten Orte vor dem inneren Auge lebendig werden zu lassen, wenn man die leicht dahingeschriebenen Zeilen liest. 

Nicht nur, aber vor allem an Herbst- und Winterabenden eine Lektüre, die Vergnügen bereiten sollte. 

 

Text, Fotos, Reproduktion: hgw